Da ist es schon wieder... dieses Glitzern. In seinen Augen. In meinen Augen. Wie simpel ich bin. Wie erregend die Vorstellung mehr als 'nur' Menschenblut zu trinken. Aus freiem Willen geschenkt. Wie unartig! Von ihm trinken, um zu lernen... nicht wahr? Nur um eine Türe zu öffnen. Nur um ein neues Buch aufzuschlagen... Und... nicht etwa um des Blutes willen. Nicht um ihn zu schmecken, zu kosten. Wie schmeckt ein Freund? So süß wie Katinka? So verführerisch wie der Wolf? So verzehrend heiß wie die Feuer von Innen?
Ich möchte lachen.
Meine Welt verschiebt sich.
Eigentlich sitze ich mit ihm auf dieser Matratze in diesem Raum und wir verändern uns... aber in Wirklichkeit... in der echten Wirklichkeit, war es ganz anders. Ich habe es gelesen...

...Anna im Dunklen. Verschleiert in einem schwarzen Nebel steht Thomasso ihr gegenüber. Warm ist es. Nah ist es. Er macht ihr ein wortloses Angebot und sie lüftet den Schleier um ihn zu erkennen... zu lesen. Und sie liest. Lässt ihn sich auf der Zunge zergehen... von der Gier verwehen... verdrehen. Ihn hemmungslos trinkend... kann im Rausch versinken... Er wird auf sich achten... wird über sich wachen, wenn einer die Kontrolle hat, kann der andere fallen. Und Anna fällt.. .und nimmt auf... und schmeckt und weckt die Geister die er rief... ich schlief und dieses Blut es macht mich lebend... im Schmerz erbebend... Wir trinken voneinander... Sein Biss bringt Leid und ist doch süß... DAS ist Leben... mehr als leben... wie fade alles andere scheint, was ich je kostete... ach nein... oh nein... nicht alles... aber... nicht viel... egal... Versiege niemals! ...

Vorbei.
Hab ich genascht? War ich unartig? Schmeck dich noch in meinem Mund... Böse Anna! Gute Anna! Diablarie ist abartig nicht wahr? Katinka hat's getan und es ist böse. Und Thomasso hat's getan und es ist böse. Und Malekin hat's getan und es ist böse. Böse Böse. Wie konnten sie nur? Niemals will und niemals werd ich... aber verstehen? Ich versteh's!! Ich fühl's!! In meinem süßen Köpfchen tickert es und irgendetwas in mir löchert mich... stichelt mich an... Lehn dich an ihn!
Halte seine Hand!
Führ sie zu deinen Lippen!
Um von seinem Blute zu nippen!!
Nur ein bisschen noch!
Ich erinnere mich an jenen Traum, kurz nach meinem Tod. Als mir dieses Tier opferte und es sagte... ja ja... lieben muss man was man tötet. Niemals würd' ich verletzen wollen, was mir lieb ist. Niemals würd' ich's tun. Aber verstehen...verstehen kann ich's.

 

Hat er von mir genommen? Oder geschieht das erst noch? Fühlte ich den Schmerz seines Kusses oder hat er mir nur davon erzählt? Haben wir uns verbunden obwohl wir uns schon nah sind? Denkt er auch darüber nach... wie es wäre... in meine Haut zu schlüpfen? Noch mehr von mir in sich aufzunehmen?
Ich streiche über meine Lippen und lasse dieses Gefühl in mir fließen.
Ich halte diesen Totenkopf in der Hand.
Die Märchentante ist ein Skelett und die Worte weilen in Ewigkeit.
Jemand streichelt sanft über meinen Nacken und es läuft mir kalt den Rücken hinab.
Zärtliche Liebkosungen die niemand sieht.
Nur für dich!
Erfüllt fühl ich mich.
Ich versinke im Tod. Gefangen. Verwoben.

____Es liegt dir im Blute, flüstert Thomasso in mir und jemand klopft und erzählt mir etwas von weißen Kaninchen und schlechten Angewohnheiten.
Wach auf!
Und sie öffnet ihre Augen und das Gefühl von Kälte in meinem Nacken wird für eine Sekunde so intensiv, dass ich zusammenzucke und in diese Welt zurück kehre.
Was ist geschehen?
Ich stehe Thomasso gegenüber... zwischen uns liegt die Tote. Jemand muss sie aufgedeckt haben... auf ihrer Stirn hat... ER... In blutigen Lettern... E-DIÄT gemalt. Ich weiß wohl wer die Tote ist. Ich weiß es und ihr Aussehen lässt mit erzittern, denn ich weiß, wer mit ihr gespielt hat.
In ihr soll ich lesen.
Thomasso ist ein böser Lehrmeister... ein Guter.
Wenn ein Kind die Finger von der Herdplatte lassen soll, muss es gefühlt haben was HEISS bedeutet.
Und Thomasso hat den Ofen für mich angeworfen.
Und Anna blickt in tote Augen.
Film ab!

Er jagt.
Er verführt.
Er geht.
...und er kommt wieder. Derselbe und doch auch nicht. Ich habe Angst. Mir wird schlecht. Er tut Dinge, die er niemals tun würde. Ich will nicht mehr sehen und tu's doch.
Grausamkeiten... leidenschaftlich und doch kalt.

Entlassung
Aufnahme