Mondkinder nennen sie uns. Die Verrückten. Wahnsinnig wären wir - sagen sie.
Doch sie wissen Nichts. Nichts. Sie plappern nach, was ihnen seinerzeit in den Mund gelegt wurde, ohne auch nur zu ahnen - ohne nur den kleinsten Schimmer davon zu haben, wie wahnsinnig es ist. Wie wahnsinnig intenvsiv, wie leben und sterben und alles dazwischen.
Aber wie könnten sie verstehen, was sie nicht erlebten, nicht mal sahen..niemals sehen? - also lächle ich das liebevolle zärtliche Lächeln einer Mutter, wenn ich in ihre Augen blicke, wenn sie mir Fragen stellen.
"Geht es dir gut Anna?" Und ich sehe in ihren Augen, lese ihre Gedanken.
....Sie sieht krank aus....
...das Blut auf ihren Wangen...
...wie sie mich ansieht...
....armes Mädchen...

Und ich habe Mitleid mit ihnen, weil sie die Welt nicht mit meinen Augen sehen können.
Und ich schweige und lächle weiter, weil sie keine meiner Antworten hören wollten.

Katinka hat gesagt, dass wir heute ein neues altes Spiel spielen. Guhlen ins Gewissen reden.
Der Abend heute ist eine Insel. Zumindest für mich. Ja natürlich kreucht der Sabbath herum... und ja natürlich kreucht Vanderbilt herum... Georges kreucht und... und was noch alles kreucht, darüber will ich mal lieber erst gar nicht nachdenken. Aber ich gehe an der Hand meiner Mutter und bin mit meiner Welt seltsam zufrieden, als wär ich nicht genötigt in ihr zu leben.
Die meisten anderen Anwesenden sind auf keiner Insel. Gereizt bis beherrscht unwillig. Wobei... nein... Miss Thorndyke wirkt tatsächlich immer... ehrlich bis raffiniert unbedarft. Und wenn hinter ihr der Teufel erscheint, würde sie nach einem kurzen Moment, in dem sie die Haltung gewahrt hat vermutlich etwas sagen wie:
"Gute Güte, Sie haben mir aber einen Schrecken eingejagt... darf ich ihnen einen Drink einschenken Herr... wollen sie Satan genannt werden?" Und Satan wäre verwirrt. Ich bin sicher und muss diese Art und Weise tatsächlich bewundern. Lernenswert.
Wir trinken unser Blut aus der Dose und ich male mir heimlich lustige Situationen aus, in der Miss Thorndyke echt schlimme Bösewichte zur Weißglut treibt.
Apropos echt schlimme Bösewichte.
Herr Krell, der Prinz, zeigt uns ein Video. Von dem hab ich schon gehört. Es zeigt wie Vanderbilt böse Dinge sagt und böse Dinge mit Herrn Blake tut. Ich bekomme Gänsehaut.

  Vanderbilt kann sprechen, so dass er noch viel mehr als Worte sagt - sehr unheimlich. Und wenn er mir nicht so unsympathisch wäre, müsste ich ihm für dieses Können huldigen. Er spricht so leidenschaftlich kalt. Mir ist ein wenig schlecht. Egal.
Danach brechen Diskussionen los. Was man tun kann. Was man tun wird. Was man nicht tun wird. Was getan werden sollte. Welche Chancen wir ja eigentlich nicht haben. Und etliches mehr in dieser Richtung. Auch ich diskutiere mit. Ich möchte schon helfen. Ich möchte, dass alle eine Insel haben, auf der sie in Sicherheit sein können, wenn sie wollen.
Aber irgendwie bin ich kein Fuchs. Meiner Meinung nach wäre es wohl am aller Klügsten, wenn man Vanderbilt davon überzeugen würde, sich dem ehrenvollen Suizid hinzugeben... aber ich habe den vagen Verdacht, der Ex-Prinz ist für meine Ideen nicht offen.
Egal.
Während der Videovorstellung hat sich Uwe aus Heringshausen Krallen wachsen lassen. Und haste nicht gesehen, war der Raum voller Hühner. Soweit wäre das noch lustig gewesen. Ich hatte mich ja auch erschreckt, aber dann haben die Gelehrten den mitgenommen und die Schreie aus dem anderen Raum waren wirklich nicht lustig. So recht will ich's nicht verstehen können. Zum einen achtet Krell sehr bedacht darauf, dass keinem Menschen ein Leid geschieht... wofür ich ihn bewundere. Und zum anderen lässt er es zu, dass Seinesgleichen misshandelt werden... Und unsereins wird nachgesagt, wir wären schizophren.
...and they got the fucking nerve to call me colored...
Egal.
Vanderbilt scheint eine gewisse Freude an Videobotschaften gefunden zu haben. Er lässt uns noch eine zukommen.
Schwupp sitzen wir alle vor dem Videogerät, nebst unseren Getränken, gerade dass noch die Tüte Popcorn fehlt. Ich bin neugierig. Vielleicht gibt es Hinweise zu finden. Irgendetwas, was ich tun könnte.
Cinema News!
Es tut Fanfaren und ich höre wie einige lachen. Wahrscheinlich denken sie, sie würden höhnisch lachen... aber in meinen Ohren klingt es nervös.
Vanderbilt sitzt am Tisch mit so einer Geschäftstussi die geschäftsmäßig lächelt.
Er erzählt uns Bla bla und weist auf den Mann neben sich, der hat ne Tüte überm Kopf. Irgendwie wirkt dieser Anblick ganz komisch auf mich, mir wird wieder schlecht und irgendwie zieht es mir den Boden etwas unter den Füßen weg. Ist nicht so schlimm, weil ich sitzt ja schon.
Vanderbilt spricht von einem speziellen Gift, extra für Vampire entwickelt und ich lausche aufmerksam. Was zum Teufel hat er vor?
Entlassung
Aufnahme