"...Sie werden es vielleicht schon bemerkt haben...."
WAH. Ich glaub ich krieg meine Tage. Verdammt. Ich krümme mich zusammen und halte meinen Bauch fest, ich glaube mein Magen will aus mir rauskriechen und davon laufen.
Kann man als Vampir noch Regelschmerzen haben? Ich bin verschoben und vergesse ganz dem Video zuzusehen. Was geschieht hier?
"...Aber keine Sorge... das wird noch schlimmer..."
Nicht normal.
Endlich verstehe ich, dass diese stetig ansteigenden Schmerzen nicht natürlich sind.
Gift.
"...bei manchen mag es nicht sofort einsetzen..."
Ein spezielles Gift ...
Ich begreife, was geschehen ist und kann es nicht mehr aussprechen. Ich bin schweigend, weil ich keine Worte habe für das was ich fühle. Von Innen heraus zerkratzt zu werden... aufgeschabt. Blut das aus Ohren und Augen und Lippen dringt, meine Sicht vernebelt... oder ist das die aufkeimende Gier, die alles rot werden lässt? Katinka ruft immerzu meinen Namen.
Anna. Anna. Anna. A n N a. JA!! Ich winde mich lautlos. Alles um mich herum verschwindet in Unwichtigkeit. Nur dieses Kratzen/Brennen/Gieren/Zehren. Irgendwann liegt Katinkas Handgelenk auf meinen Lippen und ich trinke artig, aber der Hunger wird nur größer nicht weniger und ich höre Malekins Stimme in meinem Kopf, wie er sagt.
" Kannst du aufhören Anna? Hast du die Kontrolle?"...und ich spucke aus was ich mir wünsche und presse meine Lippen aufeinander, was alles noch schlimmer macht. So nah ist, was ich will, und ich kann's nicht nehmen. Ich will's nicht nehmen... Dann wird alles übermächtig und ich falle in mich selbst zurück und beobachte wie ich zu schreien beginne. Aus Leibeskräften. Ich schrei hinaus, dass dieses Leid mich tötet. Dass ich meine Mutter trinken will, dass ich alle trinken will, dass dieses Rot mich verrückt macht, dass es böse spitze Freddy-the-Nightmare-Krallen sind, die sich von Innen nach Aussen arbeiten, dass ich alle hasse, dass ich sie alle töten will, dass ich zerreiße und dass ich den nächstbesten zerreißen werde...
In einer absurden Vision sehe ich wie sich meine Bauchdecke öffnet und ein Monster daraus hevorkriecht und ich schreie vor Angst, weil es drin bleiben muss.
Dann wird es anders.
Weiß nicht so recht, ob ich wache oder träume. Alles recht verschoben. Der Schmerz wird immer noch schlimmer, aber ich kann ihm keinen äußerlichen Ausdruck mehr verleihen. DAS ist GRAUSAM!
  In der ersten Sekunde lese ich Chaos.
Das Buch Chaos. Das gibt es nicht. Es ist ein Buch aus allen Büchern. Und ein jedes schreit nach Blut und mehr. Irgendwo in einer entfernten Anna-Ecke höre ich Katinka, wie sie zu ihr spricht, ganz behutsam. Eine Mutter am Kindsbett. Kindstod.
Ich sterbe. Aber nein. Ich sterbe nicht. Ich töte. Ich werde töten. Zweifelsohne. Lasst mich raus aus diesem Gefängnis und ich werde - egal wen - egal was trinken, bis nichts mehr von ihm über ist... und dann den nächsten und den nächsten und den nächsten und den nächsten... alles dreht und wendet sich, ohne Anfang ohne Ende und irgendwie warte ich... tick... tack... auf die Feuer von Innen, die mir Leben geben.

....In der zweiten Sekunde wird es tausendfach schlimmer...
Dann bin ich wieder in mir und bereit alles zu zerfleischen. Ich kann mich bewegen, aber nicht richtig. Man hält mich fest, aber sie werden in jedem Augenblick schwächer und ich mit jedem Augenblick stärker, dann werde ich sie erlegen und fressen. Ohne Grund. Nur weil sie da sind und ich nichts anderes will. Und ich habe noch garnicht angefangen sie anzugreifen. Noch ein paar Sekunden und ich werde sie mit meinem bloßen Willen von mir schleudern.
Geht weg!
GEHT WEG!!
Jemand spricht die Worte in meinem Kopf aus und ich bin frei.
Frei zu töten.
Durch den Schleier meiner Wahrnehmung fühle ich Malekin und die Worte, die ich schon so oft hörte bekommen auf einmal Sinn. Diese Erkenntnis ist derart erschlagend, dass ich für den Bruchteil eine Sekunde innehalte um das Hoheitsgefühl zu genießen.
Nur Malekin frisst seine Kinder.
Und niemand anderes hätte es verdient von mir gefressen zu werden.
JA! JA! JA!
So nehme ich mein Geschenk zum zweiten Mal.
Der Moment des Innehaltens ist vorbei und ich schlage meine Fänge in sein Fleisch und ich trinke, fernab jeglicher Kontrolle. Ich schmecke Malekin. Und ich schmecke wie Malekin weniger wird und ich noch lange lange nicht satt bin. Aber als ich ihn schon lange lange ausgetrunken habe, ist da immernoch Malekin, und er gibt mir immernocIch sehe nicht was er tut, aber ich fühle es. Er trinkt Malekin und gibt ihr die Gier, während ich Malekin trinke und ihm die Gier gebe. Mein Leid, wird sein Leid, wird ihr Leid. DAS ist Liebe!
Und just in dem Moment, in dem ich fähig bin dies zu denken, muss ich ablassen. Obwohl ich noch tausend Jahren lang weiter trinken könnte.

Entlassung
Aufnahme