Samstag, 3. März 2001
Malekin ist fort. Die Gänge, die Zimmer der Klause sind voller Menschen, und doch sind sie leer. Meine Füße berühren beim Laufen den Boden. Was für ein ungewohntes Gefühl.
Ich weiß, daß es ihm gut geht. Spüre es und lerne langsam, meinem Gefühl zu vertrauen. Und genieße es auf perverse Weise. Obwohl er so weit fort ist, kann ich ihn fühlen.
Ob es Zufall ist, daß er meinen Todestag für die Abreise ausgewählt hat? Oder war das der Abt, auf dessen Geheiß er fortgegangen ist? Sollte mir das etwas sagen? Ich wünschte, ich wüßte, was er dort sucht. Kanada. Klingt nach Kälte und großen, tiefen, weiten Wäldern und vielen Werwölfen.
Ich habe gehört, daß die Vampire in der neuen Welt uns aus Europa fürchten, weil sie uns alle für schrecklich alt und mächtig halten. Umso besser. Regel Nummer 1.
Wie gern wäre ich bei ihm. Würde ihm bei seiner Suche helfen, wonach auch immer er sucht. Und das, wo es doch hier so viele Rätsel zu lösen gibt. Wieder fällt mein Blick auf dieses kleine grüne Buch, das Mündlein Malekin gegeben hat. Ist das wieder ein Test für mich?

Eines Tages kam Graf Blaubart und erklärte, er müsse für einige Zeit fortgehen. Er gab seiner Frau einen schweren, eisernen Schlüsselbund mit unendlich vielen Schlüsseln daran und sagte ihr, daß sie jeden dieser Schlüssel benutzen und jede Tür des Schlosses öffnen dürfe - bis auf die, zu der der allerkleinste der Schlüssel gehöre. Dann verließ er das Schloß.

Ich werde der Versuchung widerstehen. Nicht aus Furcht vor den Leichen, die ich in Blaubarts Keller finden könnte, sondern um Malekins Vertrauen nicht zu enttäuschen.
Er vertraut mir, und ich vertraue ihm. Vertraue darauf, daß er bald wiederkommt. Ich weiß, daß ich auf ihn warten kann. Wie intensiv diese Erinnerung ist. Es gibt einen Ort, an dem ich warten kann... Natürlich ist es kein Zufall, daß er diesen Tag ausgewählt hat. Ich schließe die Augen und spüre seine warme Hand auf meinem Nacken, seine Lippen auf meinem Hals, seine Zähne in meiner Haut, den Schwindel, die Atemnot, den süßen Schmerz, als er von mir trinkt, schmecke sein Blut auf meiner Zunge... Malekin. Heute nacht werde ich feiern, und Malekin wird bei mir sein.

Aufnahme

Entlassung