Mond. Vollmond. Tiefrot
als er aufgeht. Shine black the sun, shine red the moon... Ein Vorzeichen
für diese Nacht? Will er mich warnen? Wovor? Ich weiß, daß
wir durch Werwolfgebiet müssen, um Innsbruck zu erreichen. Ich weiß,
daß der Abend voller Herausforderungen sein wird - strenge Etikette,
zahllose ältere, mächtige Vampire, die vielleicht genauso von ihrer
eigenen Existenz gelangweilt sind wie die Brujah von Infernal Desire, und
die in Ermangelung menschlichen Spielzeugs sicherlich am ehesten auf Kinder
- Freiwild - zurückgreifen werden... Ich weiß, wie wichtig dieser
Abend für uns ist, und ich weiß, wie leicht ich etwas falsch machen
und unsere Hoffnung auf Rückkehr nach München zunichte machen kann.
Ja, München! Ort
meiner Forschungen. Ort meiner größten Entdeckung für Malekin:
Katinka. Ort vieler Erinnerungen an vergangene Brüder und Schwestern,
die Whampyri von allerlei Clans, die uns soviel Unterhaltung boten. Wenn ich
alleine an die Nacht mit 'Merit' und 'Apophis' denke!
Und jetzt sind sie vergangen oder flohen die Bosheit des Sabbaths.
Es ist an Malekin in diese Stadt zurückzukehren. Doch die neue Camarilla
dort kennt uns nicht und mag wohl weise daran sein, allem Fremden zu mißtrauen.
Und wenn es für Malekin viele Mittel und Wege gibt, so ist dieser doch
der bevorzugte.
Doch nichts von alledem
kann mich im Moment beunruhigen. Nicht hier, im Auto neben Malekin, im Schein
des perfekten Vollmondes, der den Schnee auf den Bergspitzen leuchten läßt
und die Nacht zum Tag macht.
Ob er sich Sorgen macht? Er läßt mich die Gesetze der Maskerade
wiederholen - diesmal kriege ich sie hin, nicht den genauen Wortlaut, aber
den Sinn, das muß genügen - dann Malekins Regeln, und er erklärt
mir nochmal, wie ich mich wem gegenüber zu verhalten habe.
Euer Gnaden. Eure Durchlaucht. Euer Erstgeboren. Ich bin mir
nicht sicher, ob ich das ganze spannend finden soll oder albern. Auf der Vernissage
in Garching hatte ich nicht den Eindruck, daß die Vampire so miteinander
umgehen. Die Frage ist, haben sie es nur vermieden, um die Maskerade zu wahren,
oder sind sie wirklich lockerer drauf als die titelverliebten, traditionsbewußten
Österreicher? Ich hoffe letzteres. Nach allem, was man hört, sind
die Münchner noch recht jung und unkonventionell. Was auch immer das
nach vampirischen Maßstäben heißen mag.
Titel, Etikette, Manieren. Ich beherrsche sie wohl, denn Malekin selbst lehrte sie mich, bis mein Blut das weiße Tuch tränkte. Ich erkenne ihren Sinn und doch sehne ich mich nach der Zeit in München wo es die Tat war, die regierte. Ich frage mich, ob dies Ebners Laissez-faire zu verdanken ist oder dem Tatendrang des Gangrel. Wenn München tatsächlich so unkonventionell ist, dann bin ich gespannt, wie sie sich präsentieren werden.
Der Gangrel, der uns
chauffiert, hat seine Sache gut gemacht - keine Spur von Werwölfen. Es
mag verrückt sein, aber irgendwie bin ich fast ein bißchen enttäuscht.
Hätte zu gern mal einen gesehen. Nur um die Bestätigung zu haben,
daß sie nicht so häßlich sind wie in den meisten Filmen.
Und nicht so haarlos. Aber gut, wir sind unbeschadet angekommen, beziehen
unser wenig komfortables, aber sicheres Tagquartier, und stellen fest, daß
wir schon recht spät dran sind.
Der Prinz - Dr. Dr. Erich Fromm, Erzherzog der Domänen zu Innsbruck,
Bregenz und Bozen - hat bereits mit seiner Willkommensrede begonnen. Wir müssen
mit ein paar anderen verspäteten Gästen draußen warten, bis
er geendet hat. Zu meiner Freude sehe ich Malfeis. Sicherlich ein Satz, der
nicht oft über ihn geschrieben wird. Aber wenigstens ist ein bekanntest
Gesicht hier, und trotz (wegen?) allem, was in der Vergangenheit geschehen
ist, bin ich mir sicher, daß er den Malekins nichts Böses will.
Immerhin behauptet er, auch Malkavianer zu sein, obwohl ich mir da nicht ganz
so sicher bin.
Ah! Malfeis, alter Freund? Wir erinnern uns, nicht wahr und ich reibe meinen
Hals, dort, wo die Narben sein sollten. Ich spüre, wie sich unser Begehr
ähnelt. München.