Mond.
Mondfinsternis.

Ich erwache früh.
Zu früh.
Noch leckt Sonnenlicht über diese Erde. Zieht sich zurück wie die Ebbe. Ihr Wasser umspült mich und ihre Brandung ist Schmerz.
Doch ich stehe und rühre mich nicht, weniger noch als ein Toreador im Angesicht des perfekten Anblicks.
Ich blicke in einen viel zu hellen Himmel und sehe den Mond, pendelnd zwischen Perigaeum und Apogaeum, genieße den kühlenden Quell des Albedo, Balsam für meine brandige Haut.

Noch ist der Himmel blau und der Mond blaß. Eine Corona umgibt ihn, wie ein heller, goldgesäumter Mantel. Verzeiht diese Worte, schwer von billiger Romantik. Alleine, schweigen kann ich nicht. Noch nicht.
Jetzt durchdringt die glänzende Nekrose einer neuen Nacht den Horizont und der Mond hält Hof. Einen Hof aus silbernem Schimmer. Nicht mehr lange.

Ich spüre nun das Regen in meinem Geist, schließe die Augen und wehre mich gegen den Ansturm. In der Klause St. Vitus zu Prüll öffnen mein Sire und dessen Sire endlich die Augen. Im schwarzen Wald kriecht auf atrophierten Knochen der Alte aus seiner Höhle. Auf einem fernem Schiff spiegelt sich die Reisende im Wasser und im Mond. Und Malekin? Auch sie ist bei mir, atmet matt, wittert das Kommende.
Und so verweben sich unsere Gedanken, denn Malekin erwacht.

Schleierhafter als jeder Schatten der Lasombra erringt die Nacht die Peripherie des Mondes. Mare humorum, Mare nubium, Mare cognitum. Eine schwarze Flut ergießt sich über den basaltenen Grund, strömt weiter in den Ocenanus procellanum, umspült - und überwindet - den Krater des Kopernikus, der uns so viele Illusionenn raubte. Auch Mare nectaris und tranquillitatis fallen der Springflut anheim und jetzt schließlich, stirbt die Corona des Mondes.

Jetzt erst beginne ich zu begreifen, was in dieser Nacht geschehen wird. Es ist Vollmond. Und er verbirgt sich.
Verbirgt sich in der Dunkelheit und fast gelingt es ihm. Doch er ist nicht schwarz wie die Nacht. Er ist rot wie Kupfer. Rot wie Blut.
Ich ahne das Lächeln des Malekin, sein Heulen, ihr Schweigen, sein Lachen, ihren Gesang.
Diese Nacht kennt keinen Wahnsinn, keinen Sinn.
Malekins Nägel bohren sich in meinen Arm.
Meine Zähne bohren sich durch meinen Kiefer.
Der Mond ist nur noch eine schmale Sichel.
Nicht erstes Viertel.
Nicht letztes Viertel.
Finsternis.

Der Mond zeigt Zähne. Shine red the moon. Wie Malekin.
Mit einem letzten Gedanken bete ich, daß diese Stunden niemand unseren Weg kreuzt. Malekin's Weg

Gute Nacht, meine Freunde. Jetzt ist Schweigen.

Aufnahme

Entlassung