1. Anna lebt
Samhain.
Sie wollen Samhain begehen heute Nacht. Die Toten. Die Vampire. Allerheiligen, wie sie es hier nennen. Bevor ich mich auf den Weg nach Freising machte, musste ich nachdenken. Nachdem der Abt starb, veränderte sich alles. Andererseits, es verändert sich immer alles, immerzu. Doch was ich meine ist, meine Welt war so, wie ich sie mir früher - vor IHNEN - erwünscht hätte. Intensiv. Echt. Und mir war - ist klar: Das sie aufhören wird SO zu sein, wenn ich heute zu diesem Treffen fahre. Nachdenken ist nicht das richtige Wort. Ich denke nicht darüber nach OB...ich denke nur darüber nach. Mit einer leisen Sehnsucht die bedeutungslos ist. Alles vergeht. Asche zu Asche. Dust to dust.
Und schon stehe ich hier. Ein Mensch, der ich bin. Wie vertraut sie mir innerhalb des letzten Jahres wurden. Diese Tiere. Wie verdreht muss mein Kopf sein, dass ich diese Gesellschaft der der Lebenden vorziehe?
Ich bin vergnügt. Heute werde ich endlich Zeit haben, um mit Katinka zu reden. Ihr meine Erlebnisse zu erzählen, von meinen Gedankengängen zu berichten. Vielleicht erzähl ich ihr von demjenigen welchen, dem ich mich hingab... Oder von dem letzten Sonnenaufgang. Das... das wird ihr gefallen.
Relativ unbeschwert biege ich also um die Ecke - und bekomme gleich den ersten Dämpfer des Tages. Dort steht Gregor vor Duffraise und Josefa, seine Klauenhand - die ich schon von sehr, sehr nah bestaunen durfte, wie sie sich sacht durch lebend Fleisch zieht, beinah zärtlich und doch tödlich - erhebt sich, bewegt sich und Georges geht zu Boden. Sein Brustkorb aufgerissen. Ein abscheuliches Bild. Mein Blick ist auf die Klaue fixiert, an der noch Haut und Kleidungsreste hängen. Pontes Sohn hebt seinen Kopf, blickt mich an und er muss nicht sprechen, damit ich verstehe. Ach zwei Seelen leben in meiner Brust. Dieses Bild hat etwas faszinierendes. Eigentlich fühle ich mich nicht mal bedroht. Mir wird schwindelig bei der Vorstellung, wie es sich anfühlen muss, DAS tun zu können. In der nächsten Sekunde packt mich die Sorge, Georges bewegt sich immer noch nicht . Und obwohl er mir ständig im Weg zu stehen scheint, will er mir doch nichts Böses. Ich hab es wohl erkannt. So eile ich herbei, einen misstrauischen Blick auf Gregor werfend, der noch einen Brujah-trächtigen Satz loslässt und entschwindet. Josepha und ich bringen Georges hinein. Etwas Unleben ist noch in ihm. Wegen mir... sagt Josepha.
Das eben geschah wegen mir. Weil Georges mich kürzlich in Sicherheit bringen wollte. Super! (Sind Sie sicher, dass sich die schlimmen Dinge nicht um Sie drehen?) Pfff.
Etwas frustriert lasse ich mich auf einer Couch nieder. Man beachte. Neben mir ein halbtoter Vampir, dessen Inneres gut einsehbar vor mir dar liegt. Und ich nehme es vergleichbar gelassen hin. Er hat das einkassiert wegen mir. Bin ich schuld? Nein. Er ist selbst schuld. Aber ich bin es ihm schuldig zu erkennen. Eigennutz hat ihn nicht getrieben bei unserem letzten Treffen, oder?
Josefa bringt ihn heim. Besser ist das.
Der Prinz ist anwesend und ich werfe mich artig in den Staub, obwohl sie gar nicht darauf zu bestehen scheint, dass wir alle vor ihr kriechen. Von ihr erfahre ich, dass Katinka heute kommen wird. Aber da ist sie noch nicht. Gregor lungert durch den Raum und ich mach mich lieber vom Acker und werde draußen auf sie warten. Ihr entgegen sehen. Mich freuen wenn ich ihre Gestalt in der Entfernung sehe und mir langsam klar wird, dass sie es ist.
Meine obligatorische Dose Red Bull in der Hand steh ich da und harre vor mich hin. Guck nach links. Keine Katinka.
Guck nach rechts. Keine Katinka.
Wippe auf und ab, denke über sie und mich und überhaupt nach. Ein warmer Schauer ergreift mich dabei. Sie fühlt sich so nah an und dennoch ist sie's nicht. Niemand der sich nähert. Aber geduldig kann ich schon sein. Ich bleib' hier auch die halbe Nacht stehen. Hier draußen auf sie zu warten ist besser als drinnen vor Gregor zu flüchten. Ganz zu schweigen davon, wenn Malfeis anwesend ist.
Geister begleiten mich, hat Josefa erzählt. Und mein Haus wäre nicht aufzufinden, hat sie erzählt. Jemand schützt mich - oder sperrt mich weg? Ich denke wohl, dass Malekin das verursacht. Oder? Würde er? Könnte er? Gonzo ist wohl noch immer in meiner Nähe. Ich stelle mir das Bild vor, auf dem alles zu sehen ist, was mich umgibt und schmunzle.

Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde....
(Was du liebst ist ganz nah.)
Ich seufze, schüttle meinen Kopf und warte, da kommt sie mir entgegen, vom Eingang her. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie nicht dorthin gegangen ist. Egal.

Aufnahme

Entlassung