Angst davor zu versagen. In Lack und Leder, mit hohen Stiefeln und einer Peitsche. Werde ich die richtige Zeit und den richtigen Ort finden? Was, wenn ich etwas falsch mache und alles verderbe?
Angst vor der Reaktion der anderen auf mich. Meine vertrauteste Freundin. Werde ich mich bis auf die Knochen blamieren? Ist das alles nur eine Charade, damit sie sich über mich lustig machen können?
Angst davor zu sterben, das Leben und mich selbst zu verlieren. Ein Schatten, der auf allem liegt, ständig um mich herum und doch immer gerade außerhalb meiner Reichweite.
Aber nichts ist der Königin der Angst vergleichbar, die mich in ihrer eisernen Umarmung hält, wenn ich nicht atmen kann. Nichts ist mächtiger als diese blinde, alles verschlingende Panik, die mein Denken auslöscht und mich zum instinktgesteuerten Tier macht.
Wie oft wird sie mich noch in ihren Armen halten, bevor Malekins Umarmung sie tötet?

Montag, 27.02.97, 14:52
Es schneit, und gleichzeitig scheint die Sonne. Die Luft ist erfüllt von winzigen, glitzernden, blendend hellen Schneekristallen. Sie sieht aus wie sich meine Lunge anfühlt. Und doch ist es zum Weinen schön.

Es gibt noch andere Dinge außer Sonnenlicht, die man als Vampir nicht mehr haben kann. Und ich weiß nur so wenig davon. Aber von diesen wenigen Dingen möchte ich mich verabschieden.

Feuer. Die meisten von ihnen haben schon Schwierigkeiten mit der kleinen Flamme eines Feuerzeuges. Ich zünde alle Kerzen an, die Malekin um mein Bett herum arrangiert hat und berühre die Flammen, immer wieder, bis meine Finger ganz schwarz sind. Feuer ist wie Wasser, man kann es stundenlang anschauen. Ich wünschte, ich hätte einen Kamin.
Das Mädchen zog eines der Schwefelhölzchen heraus und strich es an der Mauer an; wie sprühte es, wie brannte es! Es war eine warme, helle Flamme, wie ein kleines Licht; sie hielt die Hände gewölbt darüber...
"Sie hat sich wärmen wollen", sagten die Leute.

Wärme. Ich wickle mich in zwei dicke Decken und genieße die Wärme, die mein Körper produziert.

Dienstag, 28.02.97, 8:51
Was für ein Alptraum! Endlich Freitag, das Warten ist vorbei. Ich finde den richtigen Ort und die richtige Zeit. Doch Malekin ist nicht anders als Merit, er benutzt mich als Übungsobjekt und läßt einen anderen tun, was ich mir von ihm wünsche. Was werde ich tun, wenn das wirklich geschieht? Wenn ich das Chaos in meinem Zimmer betrachte, weiß ich die Antwort. Und wie ich mich vor der Konsequenz daraus fürchte!
Dummes Mädchen. Das war nur ein Traum, also reiß dich zusammen und mach dich wieder daran zu genießen, was du bald nicht mehr haben wirst.

Wasser. Reines klares Wasser aus der Leitung. Nicht einmal das können Vampire trinken, wenn die Gräfin die Wahrheit gesagt hat. Ich kann nicht genug davon kriegen. Wie köstlich Wasser schmecken kann!

Knoblauch? Selbst wenn die Geschichte mit dem Knoblauch nicht stimmt, essen können sie ihn trotzdem nicht mehr. Ich werde Essen gehen.

Dienstag, 28.02.97, 22:10
Was für ein schlaues Mädchen ich doch bin. Die Idee mit dem Restaurant im Olympiaturm war genial. Ein gigantischer Blick auf den Sonnenuntergang während des ganzen Essens. Zwischen den einzelnen Gängen bin ich aufgestanden und entgegen der Drehrichtung gelaufen, damit ich auch ja nichts verpasse. Was die Leute wohl gedacht haben? Sitzt allein im Restaurant und steht alle paar Minuten auf, um im Kreis zu laufen. Ich hätte eine Kamera für die dummen Gesichter mitnehmen sollen!
Allerdings ist mir immer noch ganz schwindelig. Oder kommt das von dem Wein? Ich habe schon so lange keinen mehr getrunken... Und wie gut er geschmeckt hat. Es muß der Wein sein, das Schwindelgefühl ist richtig angenehm, anders als sonst.

Aufnahme

Entlassung