O! Kluger Malekin! Spotte
über die anderen, aber vergiß nicht, Dir selbst ein gerüttelt
Maß zu bedenken. Schon wähntest Du Katinka in ihrer Hand, schon
war der Handel mit Thomas abgeschlossen, schon hattest Du sie aufgegeben!
Sie, die eine eigene Existenz hat. Die dich dementieren kann. Die zu Dämonen
spricht. Sie, die graue, kranke Schwindsüchtige!
Es sollte ein Scherz sein, sie für eine Nacht ihrem neuen Herren zu stehlen.
Scherze sind die Aufgabe des Narren. Sie sollen erheitern und lehrreich sein
und man sollte auf den Narren hören, will man nicht wie ein Affe
am Kronleuchter verbrennen. Sie hat mich eines besseren belehrt. Ihr Weg
führt in den Tod oder in unsere Arme. Wo ist der Unterschied?
Jetzt lasse ich sie allein. Es gibt noch viel vorzubereiten. Malekins Stimme.
Donnerstag, 23.12.96,
18:03
Weihnachten steht vor der Türe. Soll ich mir ein Kostüm besorgen,
einen Schornstein suchen und Blut und Kekse essen gehen? Ho. Ho. Ho.
Besser Kontrastprogramm. So viele Gottesdienste wie möglich besuchen.
Heilige Kommunion. Dies sei mein Blut.
Gedanke: Ob sie Familie hat? Ich muß ihre Auslöschung vorbereiten.
Süße Erinnerungen werden wach. Der nächtliche Gang der Geschlossenen.
Nur die schale Notbeleuchtung. Krankenhausgeruch. Der Fernseher der Nachtpfleger.
Blaues Flimmern auf Milchglasscheiben. Ich warte und friere. Der Boden ist
kalt. Endlich der Kontrollgang.
[Eindruck: Malekin liegt am Boden und krampft. Sein Körper zuckt, als ein Rigor mortis durch seinen Körper fährt, immer wieder andere Areale versteift. Erinnerungen.]
Freitag 31.12.96
Diese Nacht will ich alleine sein. Kein falsches Fest, auf dem wir mit leeren
Gläsern auf ein neues Jahr anstoßen. 96 oder 97 oder 2000 oder
2012 ist vollkommen egal. Ich weiß ja, daß es diese Nacht nicht
passieren wird, und dennoch bin ich gespannt. Denn vielleicht wird der Mond
ja doch blutige Hörner haben, vielleicht wird doch die Alte wieder kommen,
vielleicht wird Kain kommen und ich werde ihm mein Blut geben.