Katinka ahnt, was auf
sie wartet. Ihr toter Körper ist noch so jung. Aber sie hat weniger Probleme
mit dem toten Fleisch auf ihren Knochen, als mit dem Rouge auf ihren Wangen
und dem Lederkleid auf ihrer Haut. Dress Code. Ich spiegele mich in ihren
großen, schwarzen Augen.
Die letzten Schritte gehen wir zu Fuß. Die kühle Nachtluft läßt
unseren Atem ausfallen. Vorsicht. Ich lasse meine Wahrnehmung ausströmen
wie die Luft aus meinen Lungen und atme sie wieder ein. Was wären wir
doch für ein gefundenes Fressen für all jene, die uns Übles
wollen.
Ich sehe das Tier. Den Zahn. Signal kommt. Dreimal brennendes Feuer. Grünes Feuer. Ja. Ich weiß. Was sie gesehen hat?
Wie Motten zum Licht strömen sie, die Kinder Kains. Leder. Latex. Stiefel. Ketten. Handschuhe. Seile. Peitschen. Metall. Fesseln. Piercings. Wie gewagt. Sollten wir doch sehr mißtrauisch gegebüber allem sein, was unser Fleisch durchbohren kann, nein? Sagte ich, die Maskerade endet vor den Mauern? Verzeihung. Oder mache ich mir nur Sorgen, daß mein Hawaihemd nicht der gewünschten Abendgarderobe entspricht?
Malfeis schwarzer Mantel
sperrt selbst die Nacht aus, als er vor uns tritt. Das Leder verbirgt die
Stricke. Galgenstrick? Fäden? An Fäden tanzen? Marionette? Er spricht
zu den Menschen, die er für uns bereit hält. Ich vergaß zu
erwähnen.
Von jedem wird ein Gastgeschenk verlangt. Ein Mensch.
Sie sind unsere Eintrittskarte in die Verdammnis. Und die Erfrischungen, die
gereicht werden. Das eine akzeptiere ich. Das andere - ich habe schließlich
Prinzipien.
Malfeis Geschmack entspricht seiner Einstellung. Von den Menschen schlägt
mir ein Todeswunsch entgegen und eine Wollust, die mit der unseren konkurrieren
mag. Aber leben? Nicht viel mehr als wir.
Ich öffne die Augen und blicke in den Spiegel hinter ihnen. Schweigend
grüße ich ihre Spiegelgesichter, ihre Doppelgänger.
Vorbei an den Wächtern, hinein ins Verderben. Hinein in eine Menge kalter
und heißer Körper, in den Nebel von Trockeneis, Rauch und Schweiß,
in schwarzes Leder und roten Samt, in träge stampfende Musik.
Katinka hält sich eng bei mir. Ihre Augen sind groß, als sie ihre Sinne anzupassen versucht. So schwer, nicht wahr? Und doch, dies wird ein Fest der Sinne, Prinzessin. Jede Wahrnehmung wird ein Genuß sein, wenn auch das Wahrgenommene kein Genuß sein wird, nein?
Gemeinsam überlassen wir unsere Eintrittskarten einem Schicksal, das längst geschrieben ist. Des Teufels Skript, wohlgemerkt. Unsere Blicke streifen über die Menge, in der Lebende und Tote eins werden. Ähnlichkeiten überdecken Unterschiede. Schleichende Bewegungen. Gierige Blicke.