Frankfurt bei Nacht. Karfreitag Nacht. Wir sind hier auf Einladung von Malfeis. Karfreitag und Malfeis. Wie passend. Er hat für unser Quartier gesorgt, für unsere Anfahrt. Ich bin lächelnd darauf eingegangen. Für Katinka, wenn auch seine Einladung mehr an sie gerichtet war. Aber ach! Ist sie nicht mein Kind? Mehr.
Gelächelt habe ich und meine Bekannten bei den Gangrel informiert. Wenn es Probleme gibt, so werden wir eine Zuflucht haben. Ich plane voraus.
Doch bisher geht alles gut. Ich sollte besser gelaunt sein, doch das bin ich nicht. Ich ahne, was geschehen wird an diesem Abend.
Sie hatte die Wahl. Sie hatte eine Nacht, sich zu entscheiden. Eine Nacht für den Rest aller Nächte. Doch nun muß sie lernen, zu was sie geworden ist. Malekin.
Infernal Desire. Wir Malkavianer wissen mehr davon als alle anderen. Aber ich werde niemanden den Spiegel vorhalten. Will kein Spielverderber sein. Und verstehen? Wer würde das schon? Ich nicht!
Es begann alles auf dem Fest. Malfeis wählte diesen Ort und diese Zeit, um Katinka sein Gemälde von unserer Existenz zu zeichnen. Ohne Zweifel in Blut.
Infernal Desire. Ein Fest, auf dem wir den Käfig öffnen, die Kette lösen, den Pfahl ziehen. Unseren Instinkten freien Lauf lassen.
Und die Maskerade endet an der Türschwelle.

Katinka ahnt, was auf sie wartet. Ihr toter Körper ist noch so jung. Aber sie hat weniger Probleme mit dem toten Fleisch auf ihren Knochen, als mit dem Rouge auf ihren Wangen und dem Lederkleid auf ihrer Haut. Dress Code. Ich spiegele mich in ihren großen, schwarzen Augen.
Die letzten Schritte gehen wir zu Fuß. Die kühle Nachtluft läßt unseren Atem ausfallen. Vorsicht. Ich lasse meine Wahrnehmung ausströmen wie die Luft aus meinen Lungen und atme sie wieder ein. Was wären wir doch für ein gefundenes Fressen für all jene, die uns Übles wollen.

Ich sehe das Tier. Den Zahn. Signal kommt. Dreimal brennendes Feuer. Grünes Feuer. Ja. Ich weiß. Was sie gesehen hat?

Wie Motten zum Licht strömen sie, die Kinder Kains. Leder. Latex. Stiefel. Ketten. Handschuhe. Seile. Peitschen. Metall. Fesseln. Piercings. Wie gewagt. Sollten wir doch sehr mißtrauisch gegebüber allem sein, was unser Fleisch durchbohren kann, nein? Sagte ich, die Maskerade endet vor den Mauern? Verzeihung. Oder mache ich mir nur Sorgen, daß mein Hawaihemd nicht der gewünschten Abendgarderobe entspricht?

Malfeis schwarzer Mantel sperrt selbst die Nacht aus, als er vor uns tritt. Das Leder verbirgt die Stricke. Galgenstrick? Fäden? An Fäden tanzen? Marionette? Er spricht zu den Menschen, die er für uns bereit hält. Ich vergaß zu erwähnen.
Von jedem wird ein Gastgeschenk verlangt. Ein Mensch.
Sie sind unsere Eintrittskarte in die Verdammnis. Und die Erfrischungen, die gereicht werden. Das eine akzeptiere ich. Das andere - ich habe schließlich Prinzipien.
Malfeis Geschmack entspricht seiner Einstellung. Von den Menschen schlägt mir ein Todeswunsch entgegen und eine Wollust, die mit der unseren konkurrieren mag. Aber leben? Nicht viel mehr als wir.
Ich öffne die Augen und blicke in den Spiegel hinter ihnen. Schweigend grüße ich ihre Spiegelgesichter, ihre Doppelgänger.
Vorbei an den Wächtern, hinein ins Verderben. Hinein in eine Menge kalter und heißer Körper, in den Nebel von Trockeneis, Rauch und Schweiß, in schwarzes Leder und roten Samt, in träge stampfende Musik.

Katinka hält sich eng bei mir. Ihre Augen sind groß, als sie ihre Sinne anzupassen versucht. So schwer, nicht wahr? Und doch, dies wird ein Fest der Sinne, Prinzessin. Jede Wahrnehmung wird ein Genuß sein, wenn auch das Wahrgenommene kein Genuß sein wird, nein?

Gemeinsam überlassen wir unsere Eintrittskarten einem Schicksal, das längst geschrieben ist. Des Teufels Skript, wohlgemerkt. Unsere Blicke streifen über die Menge, in der Lebende und Tote eins werden. Ähnlichkeiten überdecken Unterschiede. Schleichende Bewegungen. Gierige Blicke.

Aufnahme

Entlassung