Wir waten durch die Menge, die sich an den aufgedunsenen, fetten Körper dreier Vampire bricht. Baali? Zu schön um wahr zu sein. Häßliche Bastarde. Einen Nosferatu sollten sie beneiden, ohne Zweifel. Ich tanze etwas mit ihrem Anführer. Zitternde Fettwülste in einer Lederkutte. Zuckende Skalplocke. Ahme seine hektischen, aber monotonen Bewegungen nach. Seine Leibwächter beäugen mich mißtrauisch, aber sie halten mich kaum für eine Gefahr. Genau so, wie ich es wünsche. Aber auch der Tanz mit dem Wal wird irgendwann langweilig.

Ja. Ich erinnere mich.
Wer hat es gesagt? Das man die besten Worte für etwas findet, wenn man so schnell wie möglich nach dem besagten Augenblick zur Feder greift? Ich greife zur Feder, doch die Wörter rinnen wie Sand zwischen meinen Fingern hindurch, verstreuen sich blind auf dem Papier, werden verweht von verwirrten, dementierten Gedanken. Wenige kann ich festhalten. Sie werden nicht ausreichen. Alle Wörter dieser Welt würden nicht ausreichen. Die Welt wäre nicht genug. Ich will mich dennoch drangeben.

Sie tanzt. Tanzt im Nebel. Nebel und Licht. Licht auf ihrer Haut. Haut, weiß wie Schnee, Haar, schwarz wie Ebenholz, Lippen, rot wie Blut. Blut in ihren Lippen, leicht geöffnet, so das ich ihre spitzen Zähne sehe. Sehe, wie sie ihre Lippen in einer unnötigen Geste mit der Spitze ihrer Zunge benetzt. Netz, in dem ich mich verfange, als ich in ihre Augen blicke. Augenblick gräbt sich wie Feuer in mein Herz und macht es Leben, denn ihre Pupillen sind weiß und das Weiß ihrer Augen ist Schwarz. Schwarz ist eine Strähne ihres Haars, das in ihr Gesicht fällt und es teilt, zerteilt. Zerteilt wie meinen Spiegel. Spiegelscherben fallen und zwischen ihnen stürze ich. Ich stürze in den Wahnsinn und breite meine Flügel aus, um zu fliegen. Fliege wie ein Engel. Engel meiner Königin. Königin über das verbotene Land. Land in dem ich mich verliere. Verliere in ihrer Dementatio.
Keine Worte mehr.
Der Rest ist Schweigen.

Und dann verschwindet sie vor meinen Augen. Ein Scherz. Trotz des Lärms, trotz des Gestanks, trotz des Stroboskops öffne ich meine Sinne. Auspex.
Sie ist nicht hier.

Ich verlassen die Tanzfläche. Suche sie. Werde hektisch. Panisch. HelterSkelter. Wo ist sie? Wie konnte das geschehen? Ich durchsuche die Räume nach ihr. Einige blicken auf, von unsäglichen Dingen, doch ich sehe durch sie hindurch.
Habe ich so schnell versagt?
Malfeis schwarze Augen halten die meinen fest, formulieren eine Frage. Wie ist Dir? Zischend berichte ich von dem Verlust. Er lächelt, etwas zögerlich. Deutet über meine Schulter. Und dort steht sie. Unsicher. Verängstigt. Sagt, ich hätte ihr Angst gemacht. Ich ihr!
Was sie ihn einer Nacht lernt, hat für mich Jahre gedauert. Obfuscatio. Sie hat sich um meinen Blick herumgebogen.

Sie ist schon als Kind verschwunden, hörte die Musik. So erklärt sie. Sie. Die Musik. Und war verschwunden.
Kann es sein? Ist sie von den Fae? Sluagh? Ist - war sie eine Schlafende? Unnütze Spekulation. So etwas ist ungehört - aber nichts ist unmöglich? Alles verändert sich. Schneller, als ich es mir vorstellen kann. Mich vorbereiten kann. Regel Nummer 6. Es wird spannend. Wie nannte es der Ire? Arcadian Connection.
Märchenhaft. Ist es etwa deshalb? Es war einmal...
Sie hört die Musik nicht mehr so deutlich... Ist das schlecht? Bin ich so schuldig?
Oder muß sie aufs neue lernen, zu lauschen? Malekins Ohren sind scharf.
Es wird noch viele Nächte dauern.
Ich fühle Glück und die große Frage fordert für einen Augenblick keine Antwort. Ah. Mein Kind. Unsere Mutter. Mein Verderben?
Mein Blut verlangt nach ihr, will aus meinen Adern auf ihre Lippen fließen, über ihre weißen Zähne, über die Zunge in ihren Rachen, will sich auflösen in ihr.
Angst? Vielleicht. Alles verändert sich. Auch das.
Am Ende sind wir alle eins in Kain.

Quid pro quo. Ich verrate ihr das Geheimnis: Ich bin nicht wahnsinnig. Alle anderen vor mir sind wahnsinnig, aber nicht ich. Und lüge. Ich berichte von den Malekin. Der Diablerie, die das Kommen des Kain verzögern soll. Nicht Du, Katinka. Ich. Von Dir. Vernichtet. Getrunken.

Aufnahme

Entlassung