Wir sind auf einem Elysium.
Irgendjemand hat in letzter Sekunde die Örtlichkeit gewechselt. Warum
nur? Ich kann keinen Gedanken daran verschwenden. Malekin an meiner Seite
spürt dasselbe wie ich. Doch sie weiß nicht, was geschehen wird.
Noch nicht. Ich muß grinsen wie ein Idiot, aber es fällt schwer,
den Schein des Normalen aufrecht zu erhalten. Und wenn das ein Malkavianer
sagt...
Meine Augen sind in meinem Kopf wie festgeschraubt und ich sehe die Anwesenden
wie Puppen. So viele sind gekommen. Ghoule. Vampire. Primogene. Gäste.
Kein Prinz.
Man begrüßt mich und Malekin. Alles was ich - in meiner gewohnten
Gewandheit - sagen kann, ist: Er kommt.
Und in eine gestellte, existentielle Frage, erwacht Malekin in mir. Und spricht.
Die grüne Frau, der
graue Löwe. Die weißen Säulen des roten Tempels. Erstarrt
in der eisigen Kälte. Grelles Licht eines bleichen Mondes. Stheno, Euryale,
Medusa. Vor dem Tempel der Ausgezehrte. Blutbänder. Torporös im
kalten Licht. Regung. Im Stein. Statuen schälen sich, wie Gargylen. Blinde
Augen, stumpfe Bewegungen.
Träger Tanz nackter Leiber. Staub. Geruch von ungelöschtem Kalk.
Kauern wie Tiere. Lust in ausdrucklosen Gesichtern. Haß. Zischen ist
das Feuer. Feuer brennt den Blutgebundenen. Bleiche Haut färbt sich schwarz,
platzt auf, stirbt. Brandige Nekrose. Totentanz. Rote Bänder brennen.
Er ist frei. Unter Schlägen vergangen.
Malekin geht und Malekin schreit. Zum ersten Mal. Ich würde ihr gerne helfen, allein ich kann es nicht. Nicht mit diesen Erinnerungen in meinem Kopf und so suche ich süße Zuflucht im Hospitalismus.
Als ich wieder zu mir
komme sehe ich den Giovanni bei Malekin. Galant wie immer. Drei halten rote
Bänder in den Händen. Christopher. Sandra. Teutoburg. Man sagt,
wir hätten sie verteilt. Wir und Malfeis. Doch dazu später.
Durch Verwunderung und Spott ruft Christopher zur Ruhe.
Er erinnert an das Ulitmatum
der Ahnen, die den Sabbath vernichtet sehen wollen. Den Sabbath, oder...
In die Beratung schreitet Valeska. Unkenntlich bis zur Unsichtbarkeit. Und
doch gebietet alleine ihre schattengleiche Anwesenheit Schweigen. Wehe, wem
sie sich wahrhaft offenbart.
Ihre Stimme. Selten vernahm ich solche Kontrolle. Einen Handel schlägt
sie vor und bietet Bilder, die Schicksal verheißen. Bilder, die zum
Sabbath führen. Und ich weiß, in drei Nächten werden sich
einige wünschen, diese Bilder nie gesehen zu haben.
Dann geht die Ahnin und wenn ihr Auftritt der Monolog dieser Tragödie
gewesen ist, so will Malekin in Anspruch nehmen, das Preludium gespielt zu
haben. Der Monolog ist gesprochen. Zeit für einen Polylog?
Die Thorndyke diagnostiziert den Prinzen, wenn ich ihre Garderobe richtig deute. Würd' ich wie ein Ventrue dürsten... Das war das zweite seiner 1000 Gesichter und die Empörung schlägt über uns zusammen. Anschuldigungen und Misstrauen tränken den Raum. Ämter gehen in Sekunden verlustig oder werden heruntergerissen wie brennende Kleidung. Ich gebe mir mühe, mich beim Streit zu beobachten, zu analysieren, was ich tue, aber es gelingt mir nicht. Kurz: Der Prinz überprüfte die Loyalität seiner Getreuen. Und jene verdächtigen ihn, Übles zu planen. Aber, wie soll ich's sagen, er ist doch der Prinz! Krell, Christopher und Kessler verlassen die Räumlichkeiten, wutentbrannt. Der Giovanni folgt und als mir Malekin später berichtet wird es klar: Er, der sich der Gesetzgebung der Camarilla unterwarf, hat an diesem Abend vielleicht den größten Anteil an ihrem Erhalt in dieser Stadt. Denn er bringt die Clans wieder an einen Tisch, auf das das Ende des Sabbaths geplant werde. Ich bin recht stolz.
In der Zwischenzeit treffen mich Malfeis' Blicke. Durchbohren mich. Wie vor Jahren seine Finger meine Kehle, als er sie mir aus dem Halse riß. Und unwillkürlich muß ich schlucken. Warum, so seine Frage, drei rote Bänder? Ich weiß es doch nicht! Warum, Malfeis, hast Du eines dieser Bänder überreicht? Ich soll die Älteren fragen, so weist er mir, und ich werd's tun. Ein Rätsel?