Ich spreche ihn an, er antwortet nicht. Natürlich. In Torpor spricht sich's auch nicht so leicht. Dennoch habe ich fast erwartet, dass er reagiert. Setzte mich neben ihn. Würde am liebsten seine Hand nehmen... Aber er ist der Feind... nein? Also atme ich ihn nur.
So nah wie ich ihm bin. Ich falte meine Hände und blicke starr vor mich hin. Es mag wirken als würde ich beten. Aber ich bete nicht. Ich nehmen auf... wahr.
Das Buch Geruch. Aus der Luft... entfiltert... in mich kriechend... sich ausbreitend... mich einnehmend... andere Bücher aufschlagend...
Wie konnte ich vergessen? Wolfenstein. Er riecht nach Wolfenstein. Thomas schuf diesen Kainiten... und mehr. Ich lese nicht nur... dass es so ist... ich lese... wie der böse Wolf fühlt. Was er denkt... Wie intensiv muss seine Welt sein, wenn ich es wahrnehmen kann, ohne dass er selbst anwesend ist? Nur durch jemanden, den er berührte... es schaudert mich.
Er berührte mich. Ich trug/trage ihn in mir. Wie wahnsinnig kann ich sein? Ich will nicht mehr weiter lesen, aber je mehr ich mich bemühe, dass Buch zu zuschlagen... desto penetranter wird es.
Wolfenstein wollte immer nur dich!
Wolfenstein WILL dich immer noch!
Wolfenstein lebt!
...nur die Spitzte des Eisberges!
Er ist in München um sich zu rächen!
...um euch zu brechen!
...wir sind unvorsichtig. (dumme Kinder die von verbotenen Keksen naschen)
Wolfenstein ist nah.

Ich schließe meine Augen. Lass mich nimmer lesen. Kontrolle. Ruhe.
Ich springe auf und sprech laut aus.
Wolfenstein lebt!!
Und nochmal lauter.
WOLFENSTEIN LEBT!
Aber kaum einer nimmt es zur Kenntnis. Sehen sie denn nicht? Wolfenstein der Sabbathspion! Der so lange unter uns weilte! Soviel über uns weiß! Uns kennt! Vielleicht versteht! Der um unsere Verdächtigungen über den Prinzen weiß. Unsere Schwächen kennt. Unser Misstrauen einander gegenüber. Der Spieler. Der geduldig wartet, bis wir uns selbst so geschwächt haben, dass er nur noch vorbei zu spazieren braucht um die Reste vom Boden aufzuheben.
Verdammt nochmal!
Sind sie alle so blind?????????
Oder bin ich doch nur eine Verrückte, die plappert und Blut an den Wänden sieht, wo nichts ist?

 

Josefa und Georges sind die Einzigen, die gewillt sind mir zu lauschen... aber ihre Gedanken folgen mehr ihren eigenen Sorgen und ich will es ihnen nicht verdenken. Ich verschließe mich diesem Buch... bewusst. Es macht mir Angst. ( Es lockt dich, nein?)
Die Befragung ist im vollen Gange. Ich ziehe mich in die böse... hier kann dich jeder sehen Ecke zurück und konzentriere mich auf die Worte. Fragen, Fragen... nur nichts sagen. Nur nicht wagen... noch ein Leidchen mehr zu tragen. Juri, der Russe. Antwortet. Genervt aber artig. Ja Sabbath ist er. Ja. Den Schneemann kennt man. Ja Koslawski kennt man. Oh wie grausam sie sind. Oh wie böse. Ja. Mündlein... Mündlein... legte ihm Worte ins Mündlein... nein? Ja... ihre Auftrageber schickten sie. ''Dogs of War." Ja ja. Nein... keine Hintergründe. Mehr von Vanderbilt. Sollen ihn hier treffen. Der Domäne München Schwamm saugt begierig auf. Das falsche Wasser.
Dumm und blind... wie wir sind.
Josefa befragt Vergissmeinnicht. Die Blume wächst in dem Bannkreis der Zauberer und über ihre Lippen dürfen nur wahre Worte fließen. Um die Zeichen stehen sie... die Kainiten, begierig zu erfahren... aber sie schweigen, stellen keine Fragen. In einer anderen Ecke die restlichen Kekse. Das Licht ist gedämpft. Unruhe liegt in der Luft. Ich fühle sie. Unruhe in mir. Gerade versuche ich noch, selbst die richtige Frage zu finden, denn die gestellten sind unrichtig. Nicht wichtig. Und während ich innehalte mit dem Hören, und vergesse zu sehen, und mein Denken mir davonläuft, beginne ich zu wieder zu lesen. Falsch. Ich höre nie auf zu lesen. Ich bemerke es nur nicht mehr... nicht immer. Aber dieses Buch schlägt sich von selbst auf... Das Licht, die Wesen, die Gefühle, die gesprochenen Worte, werden zu farblosen Buchstaben auf unsichtbaren Pergament. Verschwommen... wie eine Fata Morgana und sich drehend... in sich selbst drehend... sich verlierend... eine Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt... tausendmal... aber ohne Anfang und ohne Ende... fortwährend... ohne stillzustehen... und auch wenn dieser Sog sich kaum verändert, fühle ich doch, dass er intensiver wird... unendlich langsam. Ich entsinne mich. Erkenne wieder. Habe dieses Buch schon gelesen.Es hat sich nicht neu aufgeschlagen. Es liegt schon die ganze Zeit so da... hab nur nicht mehr hineingesehen, weil die Dinge, die ständig deine Aufmerksamkeit erfordern, leicht zur Gewohnheit werden... aber jetzt lese ich. Und ich weiß, wann ich es zum erstemal las... Laurel...

Mir wird fast schwindelig. Reiß mich zusammen. Versuche den Anfang zu finden. Nein. Den Ursprung. Die Quelle dieses Buches. Aber ich finde nicht. Es macht mich völlig dumm im Kopf. Verflucht nochmal! Ich beobachte Schattenspieler hinter einer weißen Leinwand und kann doch nicht erkennen, zu welchem Profil sie gehören.

Entlassung
Aufnahme