Aber wie um alles in der Welt soll ich einen der Kainiten hier dazu bewegen, ihm von seinem Blut zu geben? Gabor beantwortet die Frage, bevor ich sie ausspreche.
"Der, der mich von sich trinken lässt, kann mich anschließend trinken. Bis zur Neige."
Soll das bedeuten, dass er bereit ist zu sterben, nur für ein bisschen Vampirblut?
Entsetzt schüttle ich den Kopf. Das kann ich nicht zulassen.
Er sieht mich an, und diese tiefen Augen nehmen mich gefangen, machen mich schwindlig, berühren mich... fast wie Malekin.
"Ich bin...", er zögert, als gäbe es in der menschlichen Sprache kein Wort, das annähernd ausdrücken könnte, was er fühlt, "... müde. Ich bin schon viel zu lange hier. Wenn ich dir mein Wissen weitergegeben habe, ist meine Aufgabe erfüllt. Dann müsst ihr mich gehen lassen."
Nein. Nein, das kann ich nicht zulassen. Ich sehe ein, dass er schon lange nicht mehr leben würde, wenn wir nicht wären, aber ich kann ihn doch nicht einfach von irgendjemandem töten lassen, als wäre das nicht schlimmer als Haareschneiden. Und was wird Malekin sagen...?
"Malekin hat es mir gestattet."
Gestattet? Der Tod als Gnade für besonders verdiente Mitarbeiter? Schön, dass Sie so lange treu in unseren Diensten gestanden haben, Sie können Ihr Abschiedsgeschenk selbst wählen: der vergoldete Kugelschreiber oder doch lieber die Giftspritze?
Doch wenn ich in seine Augen sehe, dann weiß ich, dass ich falsch liege. Dass ihn mehr danach verlangt als nach irgendetwas anderem. Dass der Tod das mindeste ist, was wir für ihn tun können.
Kann man jemandem den Tod schuldig sein?
Ich senke den Kopf. Kämpfe mit mir, doch ich weiß, dass ich keine Chance habe, wenn ich noch einmal in seine Augen blicke. Nicke widerwillig und verspreche ihm, dass ich versuchen werde, jemanden zu finden, der ihm seinen Wunsch erfüllt.
Er lächelt nicht, aber sein Gesichtsausdruck wird etwas weicher. Weniger verlangend.
Vorfreude ist die schönste Freude, nein?
Wir suchen uns einen abgelegenen Tisch, an dem wir uns unterhalten können. Inmitten von lachenden, lärmenden Vampiren und Menschen, die feiern und sich gehen lassen, sitzen wir in einer Zeitblase, abgeschnitten von allen anderen, und reisen zurück in die Geschichte meines Clans.
  Ich folge der Vision, zurück nach Mesopotamien. Afrika. Memphis. Theben. Indien, Persien, Griechenland... Exodus. Rom. Camilla, Prinz. Wir, seine Seher. Die Legionen, unsere Schäfer. Typhosa sah Karthago. Doch Malekin schloss seine Augen.
Karthago. Hätten wir etwas daran ändern können...?
Karthago brannte. Dionysius tanzte, und Malekin...
Rom fiel in unser Netz, doch ohne unsere Schuld. Spiegelbild der zweiten Stadt. Die Hoffnung... dahin in Pest und Blut. Die lange Nacht...
Pest. Spiegelbild Gehennas.
Die Anarchen, ihr Streben ging ins Leere; wir konnten sie nicht sehend machen. Und da wurden sie zornig auf uns.
Das Brennen. Jeder Narr ein Besessener. Nehmen uns Maske, Herde und Versteck. So viele brennen.
Camarilla. Anarchen. Kirche. Rettung in Einigkeit.
Blutige Verhandlungen. Malkavs Kinder blutige Opfer...
In Thorns wurden die Anarchen ans Blut gebunden. Keine Verhandlung. Blutband.
Wir schufen Sabbath.
Die Camarilla dankte uns nicht. Schlechte Bettgenossin. Aus Angst vernichtet.
Wir machten ihr ein Geschenk.

Wir haben verzichtet. Entsagt. Aber heißt das, dass wir nicht können...? Dementatio...
Wiedergeburt. Irrentürme. Mörder. Künstler. Musen.
In der neuen Welt. Warten wir auf die Städte.
Der Ruf nach Paris. Spiegelbild der zweiten Stadt.
Die Revolution der Maschinen. Krebsstädte.
Ah! Viktoria! Boiling Teapot.
Viele Namen.
GAS! Der kleine Mann. Schlacht!
Mit der Bombe beginnt Gehenna?
Und jetzt?
Wissenschaft. Aus Irren Kranke. Therapie!
Hah! Lasst sie frei, denn irr sind sie ja nicht!
War das unser Plan? Eine Armee? Und sie erlaubten den Kindern, die Irren aufzufressen. Narren!
Das ist die Geschichte. Lüge. Trost.
Warten wir
Auf Evas letzte Tochter
Entlassung
Aufnahme